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Forschungs- und Innovationspreis 2016

Die Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften e.V. (GfR) lobt gemeinsam mit dem Rehabilitationswissenschaftlichen Verbund Berlin, Brandenburg und Mitteldeutschland (BBMD) den Forschungs- und Innovationspreis der GfR e. V. aus.

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1. Forschungs- und Innovationspreis für Professor Mehnert

Gundula Roßbach (rechts), Direktorin der DRV Bund, überreicht Professorin Anja Mehnert den Scheck für den 1. Forschungs- und Innovationspreis der GfR e.V. Foto: Detlev Terbach

Mit dem 1. Forschungs- und Innovationspreis der Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften e.V. wurde die Leipziger Wissenschaftlerin Prof. Dr. Anja Mehnert geehrt. Gundula Roßbach, Direktorin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, überreichte ihr den Preis im Rahmen des 17. Rehabilitationswissenschaftlichen Symposiums "Rehabilitation heute – Versorgungsforschung und Versorgungsrealität" in Berlin.

Die Auszeichnung wurde von der GfR erstmals in Kooperation mit dem BBS und dem SAT ausgelobt. Prof. Dr. Mehnert, Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie und Sektion Psychosoziale Onkologie, Universitätsklinikum Leipzig, hatte in einer groß angelegten Längsschnittstudie den Frühberentungswunsch bei Krebspatientinnen und Krebspatienten untersucht und krebsspezifische und psychosoziale Risikofaktoren für eine Frühberentung analysiert. Im European Journal of Cancer Care (2016) "Predictors of early retirement after cancer rehabilitation – a longitudinal study" wurde ihr Beitrag publiziert.

Den zweiten Platz belegte Dr. Susanne Saal, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, mit dem Artikel "Is employment-focused case management effective for patients with substance use disorders? Results from a controlled multisite trial in Germany covering a 2-yearsperiod after inpatient rehabilitation", erschienen in BMC Psychiatry (2016). Rang drei erreichte Dr. Sabine Stamm-Balderjahn von der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit dem Artikel "The efficacy of goal setting in cardiac rehabilitation—a gender specific randomized controlled trial", der im Deutschen Ärzteblatt International (2016) veröffentlicht wurde.

Prof. Dr. Mehnert im Gespräch

Frau Prof. Dr. Mehnert im Interview mit Herrn Schiller.
Frau Prof. Dr. Mehnert im Interview mit Herrn Schiller.

Welche Rolle spielt die Psychoonkologie in der medizinischen Rehabilitation? Was kann Deutschland international betrachtet von anderen Ländern lernen? Und bleibt der Gewinnerin des Forschungs- und Innovationspreises, Prof. Dr. Mehnert, bei so viel wissenschaftlichem Engagement noch Zeit für Freizeit und Hobbys?

Diese und weitere Fragen konnte Mathias Schiller (Deutsche Rentenversicherung Bund) an die Leipzigerin stellen. Nach der Preisverleihung im November 2016 in Berlin interviewte er Prof. Dr. Anja Mehnert. Das Video ist links eingebunden. Die Transkription des Gespräches ist unterhalb zu lesen.

Der Forschungs- und Innovationspreis der GfR e.V. wird seit 2016 gemeinsam mit BBS und SAT vergeben.

 

Auf ein Wort mit der Preisträgerin

Herzlichen Glückwunsch, Frau Professor Mehnert, was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Über diesen Preis freue ich mich sehr! Er ist eine Anerkennung für das wichtige Thema 'Rückkehr zur Arbeit bei Menschen mit einer Krebserkrankung' und natürlich für die Arbeit von vielen Menschen, die in diese Studie eingeflossen ist.

Sie haben in einer großangelegten Studie den Frühberentungswunsch bei Krebspatienten untersucht. Können Sie die prägnantesten drei Ergebnisse zusammenfassen?

Unsere Studie zeigt, dass Krebspatienten hoch motiviert sind, nach der onkologischen Rehabilitation wieder zu arbeiten. Ein knappes Viertel der Patienten hat zu Beginn der Rehabilitation den Wunsch nach einer Frühberentung – vor allem jene Patienten mit langer Krankschreibung, einer subjektiv niedrigen Arbeitsfähigkeit und höherer psychischer Belastung. Patienten, die trotz Frühberentungswunsch ein Jahr nach der stationären Rehabilitation wieder arbeiten, weisen eine geringfügig schlechtere körperliche Lebensqualität auf, unterscheiden sich aber in ihrem psychischen Befinden und der psychischen Lebensqualität nicht von Patienten ohne Berentungswunsch.

Die Psychoonkologie ist eine vergleichsweise junge Disziplin. Wie schätzen Sie die aktuelle Versorgungssituation hier ein und was ist Ihre Vision für die Zukunft in diesem Bereich?

Die psychoonkologische Versorgung ist sehr unterschiedlich – in Abhängigkeit davon, an welcher Klinik oder Krebszentrum ein Patient behandelt wird und ob er ambulant oder stationär behandelt wird. In von der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. zertifizierten Krebszentren wird eine qualitätsgesicherte psychoonkologische Versorgung vorgehalten; Gleiches gilt für onkologische Rehabilitationskliniken. Die ambulante psychoonkologische Versorgung ist im Moment das größte Problem. Neben Krebsberatungsstellen, für die es nach wie vor keine Regelfinanzierung gibt, sondern, die sich aus unterschiedlichen Trägerschaften und Spendengeldern finanzieren, finden Patienten Unterstützung bei niedergelassenen Psychotherapeuten. Diese haben in der Regel aber lange Wartezeiten. Krebspatienten brauchen eine niedrigschwellige Versorgung und eine Kontinuität der Versorgung. Wenn sie schwer krank sind, brauchen sie schnell und unkompliziert Hilfe und Vertrauen in den Behandler. Das gilt für die Medizin ebenso wie für die Psychoonkologie.

Was bedeutet Psychoonkologie für die medizinische Rehabilitation?

Die Psychoonkologie hat eine wichtige Rolle innerhalb der onkologischen Rehabilitation, die interdisziplinär und ganzheitlich ausgerichtet ist. Eine Krebserkrankung beeinflusst viele, wenn nicht sogar alle Bereiche des Lebens. Hier spielen psychische, familiäre und soziale Aspekte eine große Rolle. Die Psychoonkologie hilft Patienten und Angehörigen, psychosoziale und familiäre Belastungen zu reduzieren, die Lebensqualität zu verbessern und zu lernen, mit der Erkrankung zu leben und die Arbeit wie den Alltag zu bewältigen.

International betrachtet: Was kann Deutschland in der Psychoonkologie von anderen Ländern lernen?

Deutschland hat eine sehr gute gesundheitliche Versorgung. Die sektorale Aufteilung der Versorgungssysteme stationär, ambulant und rehabilitativ hemmt letztendlich aber die Kontinuität der Versorgung, die gerade bei chronischen Erkrankungen wie Krebs für die Patienten so wichtig ist. Andere Länder sind innovationsfreudiger und mutiger, was die wissenschaftliche Erforschung neuer Konzepte und Ideen betrifft.

Angenommen, Sie bekämen eine Million Euro für ein Forschungsprojekt: Was würden Sie gern und mit welcher Methode durchführen?

Ich würde genau dies tun: ein Projekt, das ein auf den Patienten zugeschnittenes sektorenübergreifendes psychoonkologisches Versorgungskonzept entwickelt und evaluiert, z.B. anhand einer clusterrandomisierten Längsschnittstudie.

Noch eine persönliche Frage: Die Liste Ihrer wissenschaftlichen Aktivitäten und Ämter ist beeindruckend lang. Bleibt da noch Zeit für Hobbys? Und welche wären das?

Vielen Dank. Zunächst empfinde ich meine Arbeit als privilegiert. Ich kann mich als Wissenschaftlerin mit Themen beschäftigen, die mich interessieren und umtreiben. Das ist toll. Aber natürlich braucht Wissenschaft viel Zeit: Zeit zum Lesen, zum Nachdenken, zum Schreiben. Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch und schaue mir gerne Dinge an, Städte, Ausstellungen, Theater. Ansonsten mache ich das gerne, was wohl die meisten Menschen gerne tun: mit Freunden und der Familie zusammen sein, die Zeit zusammen genießen.

Vielen Dank für das Interview.